2011/08/09

Nagasaki und ein Film über Yamaguchi Tsutomu

Gedenken in Nagasaki

18 km Höhe erreichte der Atompilz von Nagasaki
 Drei Tage nach dem ersten Atombomben-Abwurf über Hiroshima ereignete sich der zweite - und vorerst letzte - Abwurf einer Atombombe. Eigentlich hätte Fat Man, wie die A-Bombe genannt wurde, über der Stadt Kokura, welche zwischen Hiroshima und Nagasaki liegt, abgeworfen werden sollen, jedoch lies die Wetterlage dies nicht zu. 
  Um 11:02 Uhr explodierte Fat Man über der Hafenstadt Nagasaki. Eigentlich hätte im Falle von Nagasaki den strategisch wichtigen Konzern Mitsubishi treffen sollen, verfehlte diesen jedoch um 2 km und ging über dicht besiedeltem Wohngebiet nieder. 

Innerhalb eines Kilometers wurden 80% der Gebäude vernichtet, doch aufgrund der Tallage und der umgebenden Berge wurden die Auswirkungen der Bombe auf die umliegenden Gebiete der Stadt Nagasaki reduziert. Gebäude innerhalb von 4 km Umkreis fingen Feuer, 22.000 Menschen starben sofort, weitere 39.000 binnen der nächsten Wochen und Monate. Ende 1945 waren 74.000 Menschen an den Folgen der Atombombe verstorben und 75.000 verwundet.
 

Gerüchten zufolge hätte eine dritte Atombombe auf Tokyo abgeworfen werden sollen, dazu kam es jedoch zum Glück nicht mehr - am 15. August 1945 gegen Mittag hörte zum ersten Mal in der japanischen Geschichte das Volk die Stimme des Tennô - als er im Radio die Kapitulation Japans bekannt gab. 

Um 11:02 läutete die Glocke im Friedenspark von Nagasaki (Image: Wikipedia)

Die von Little Boy verwüstete Stadt Hiroshima gedenkt offiziell seit dem 6. August 1947 den Opfern, Nagasaki wurde 1955 der Friedenspark und das Atombombenmuseum - wovon es beides mittlerweile auch in Hiroshima gibt - eröffnet. 
Die Notwendigkeit der Atombomben-Abwürfe und ob diese tatsächlich die Kapitulation des Tennôs zur Folge hatten werden in der Geschichtsforschung bis heute heftig diskutiert.

Bis jetzt haben sich alle Bürgermeister der Städte Nagasaki und Hiroshima strikt gegen den Besitz und Einsatz von Nuklearwaffen ausgesprochen. 

Gedenkfeier in Nagasaki zum ersten Mal live im Internet übertragen
So auch heute, als der derzeitige Bürgermeister von Nagasaki, Ta'ue Tomihisa, bei seiner Rede im Friedenspark nicht nur Nuklearwaffen ablehnte, sondern auch in Anbetracht der Gefahr, die von Radiaktivität ausgeht, die japanische Regierung dazu aufforderte, die Rolle der Atomenergie in ihrer Energiepolitik zu überdenken.

James Zumwalt in Nagasaki
Ta'ue forderte auch Präsident Obama auf, auf eine Atomwaffen-freie Welt hinzuarbeiten, als Obamas offizieller Vertreter erschien der stellvertretende Botschafter der U.S.-Botschaft James Zumwalt bei der Gedenkfeier. Auch stimmte der Ta'ue seinem Amtskollegen, den Bürgermeister von Hiroshima, zu, der vor 3 Tagen bei der Gedenkfeier in Hiroshima nicht nur gegen Atomwaffen auftrat, sondern auch für eine Abschaffung der Atomenergie in Japan plädierte.

"Es ist notwendig, die Entwicklung von alternativen Energiequellen zur Atomenergie zu fördern.", sprach Ta'ue bei seiner Rede. Der derzeitige Premierminister Kan Naoto war auch heute bei der Gedenkfeier im Friedenspark von Nagasaki zu gegen und hielt seine Rede vor circa 6.000 Teilnehmern. Wie bereits 3 Tage zuvor betonte Kan erneut, auf eine Gesellschaft hinarbeiten zu wollen, die sich komplett von der Atomenergie emanzipieren könne. Das nukleare Abrüsten war ebenfalls ein zentraler Punkt in seiner Ansprache.

Film über den zweifachen hibakusha Yamaguchi um Fukushima erweitert
Jänner 2010 verstarb der als zweifacher hibakusha bekannte Yamaguchi Tsutomu im Alter von 93 Jahren. Yamaguchi war zwar nicht der Einzige, der beide Atombombenabwürfe über Hiroshima und Nagasaki überlebte, aber er war der Einzige, der von den offiziellen japanischen Behörden als "Doppelter-Hibakusha" anerkannt worden war.
Der Film Nijû hibaku - kataribe Yamaguchi Tsutomu no yuigon
Im letzten Jahr wurde der Film Nijû hibaku - kataribe Yamaguchi Tsutomu no yuigon (Zweifach-Verstrahlt - Vermächtnis des Erzählers Yamaguchi Tsutomu) unter der Regie von Inatsuka Hidetaka fertiggestellt. Darin erzählt Yamaguchi Tsutumo der Nachwelt von seinen Erlebnissen als zweifacher hibakusha
Yamaguchi erlebte den AKW-Unfall in Fukushima zwar nicht mehr, aber nach dem 11. März baute Inatsuka noch eine unkommentierte Szene mit Yamaguchi in den eigentlich bereits fertiggestellten Film ein, in der Yamaguchi vor einer "dritten Verstrahlung" warnte.Yamaguchi war der festen Überzeugung, dass die Technologie des Menschen begrenzt sei und nur Wiederholungen stattfinden würden. 

Er sagte, dass ein Wendepunkt notwendig sei, besonders für Japan, auf welches zwei Mal Atombomben abgeworfen worden waren. Yamaguchi war nicht nur für die Abschaffung von Nuklearwaffen, sondern auch für die Abschaffung der Atomenergie.

Dokumentarfilm Nijû Hibaku
Der Dokumentarfilm über die Geschichte Yamaguchi Tsutomus ist letzten Monat in den Kinos von Nagasaki angelaufen und wird auch in ausgewählten Kinos in ganz Japan zu sehen sein. Weiters wird der Dokumentarfilm am 16. August in London - gleichzeitig mit einem zweiten Film über Yamaguchi Tsutomu namens Nijû hibaku (Zweifach Verstrahlt) - an einer Universität aufgeführt. 

Den Regisseur Inatsuka freut die Gelegenheit, dass Yamaguchis Geschichte auch in London gezeigt werden kann, da im letzten Jahr im Dezember eine englische Comedy Show des Senders BBC sich über Yamaguchi lustig machte und ihn als den "unglücklichsten Menschen der Welt" betitelte, was zu Beschwerden seitens der japanischen Botschaft in London und der Stadt Nagasaki geführt hatte.

Weiterführende Links:
2jû hibaku - kataribe Yamaguchi Tsutomu no yuigon - Offizielle Homepage zum Film (Japanisch)
Webblog zum Film über Yamaguchi Tsutomu (Japanisch)
2jû hibaku - Yamaguchi Tsutomu-san dokyumentarî, ei de jôei - Artikel zur Filmaufführung in London (Japanisch)
Nagasaki urges policy swift from nuclear power in ceremony - Mainichi Shinbun (Englisch)


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