2012/11/21

Spaziergang durch die Shuzen-ji Onsenregion

Eine erste, zaghafte Herbstlaubfärbung
setzte bereits ein
Bevor wir im Ryokan Kikuya eincheckten, gab es einen ausgiebigen Spaziergang durch die kleine Onsenregion und Umgebung von Shuzen-ji (修善寺). 
Als besondere Sehenswürdigkeiten gelten nebst unzähligen Onsen natürlich der Tempel Shuzen-ji, das Tokko no yu, der kleine Bambuswald und der Akagaeru-koen.
Abgesehen davon bietet die Umgebung des Shuzen-ji auch viel Historisches. 
Einige wurden dorthin verbannt und im Onsen ermordet (Minamoto no Yoriie, 源頼家 und 13 seiner Vasallen, die seinen Tod rächen wollten), andere spuckten Blut und hatten Nahtoderfahrungen (Sôseki), wieder andere Vorahnungen über ihr frühzeitiges Ableben (Shimaki Kensaku) und anderen wuchsen Haare, wo keine sein sollten (der Statue des großen Sonnenbuddhas im Shuzen-ji).


Tokko no yu (独鈷の湯)
Dem Tempel Shuzen-ji gegenüber am Katsura-Fluss liegt das Tokko no yu, eine kleine Thermalquelle, in der man die Füße baumeln lassen kann.
Der Legende nach beobachtete im Jahre 807 der buddhistische Mönch Kôbô Daishi (弘法大師, auch bekannt unter den Namen Kûkai, 空海) einen Jungen, der im Katsura-Fluss den schmerzenden Körper seines Vaters wusch. Kôbô Daishi war von dieser kindlichen Pietät sehr gerührt. 
In dem kleinen Pavilion am Katsura-Fluss
befindet sich das Tokko no yu
 
Er befand das Flusswasser für zu kalt, als das man darin den schmerzenden Körper seines Vaters waschen könne, und deshalb zerschlug er mit seinem einzackigen Varja (独鈷杵, tokkosho; ein einzackiger Donnerkeil) einen Felsen in Mitten des Flusses und aus diesem Felsen entsprang eine "wundertätige Quelle" (霊泉, reisen), also warmes Thermalwasser. Kôbô Taishi lehrte Vater und Sohn die Heilkraft der Thermalquelle und auf wundersame Weise wurde der Vater von seiner langjährigen Erkrankung geheilt. 

Angenehm wärmendes Quellwasser
für die Füße
Seitdem sind in dieser Region Izus Heilquellen äußerst beliebt und die Thermalquelle, die in Shuzen-ji entspringt, gilt als die älteste von ganz Izu. 
Ich selbst hab' auch kurz die Füße in dem angenehm warmen Wasser hängen lassen und wollte schon gar nicht mehr rausgehen. Es war recht nett, gut angefuttert bei milden Temperaturen und sanften Sonnenschein sich darin aufzuwärmen, aber nachdem es doch ein wenig klein ist und plötzlich von irgendwo her ganz viele Leute (mit Kindern) aufgetaucht sind, bin ich widerwillig rausgegangen. 

Ein Waldweg in der Nähe des Tempels
Shuzen-ji (修禅寺)
Nach einer kurzen Pause im Tokko no yu ging's weiter zu dem Tempel  Shuzen-ji (修禅寺), der gerade von einer riesigen Gruppe Austauschstudenten (?) heimgesucht und auf dessen Tempelplatz ein Flohmarkt mit Allerlei veranstaltet wurde. Kurz gesagt, viel zu viel los um irgendwie in Ruhe den Tempel anschauen zu können oder gar auf wundersame Weise zur buddhistischen Erleuchtung zu kommen.

Eingangstor zum Shuzen-ji - verziert mit Chrysantemen

Der Tempel wurde im Jahr 807 von dem eingangs erwähnten Kôbô Taishi, dem Verbreiter des Shingon-Buddhismus (真言宗), errichtet und erhielt zunächst den Namen Keikokusan-ji (桂谷山寺), da die Region in der er sich befindet den Namen Keikoku trägt. 

Vor lauter Flohmarkt und Menschen konnte man nur
bedingt gute Bilder von dem Tempelgebäude schießen...

Zu Beginn der Kamakura-Zeit, im Jahre 1250, flüchtete der Zenpriester Rankei Dôryû (蘭渓道隆, ) in den Shuzen-ji, da er der Spionage verdächtigt wurde. So kam es dazu, dass der ursprünglich von Kôbô Taishi gegründete Tempel, der 470 Jahre lang dem Shingon-Buddhismis angehörte, plötzlich zu einem Zen-Tempel der Rinzai-Schule (臨済宗) wurde. Durch Rankei Dôryû verbreitete sich auch der Name Shuzen-ji für den ursprünglich von Kôbô Taishi gegründeten Tempel. 

Wer hätte nicht gerne einen
handzahmen Tiger und Geld?
Glockenturm beim Shuzen-ji
Nicht nur der Name und die buddhistische Schule des Tempels am Katsura-Fluss war von Wirrwarr geprägt. Im Zuge der Kriegswirren zwischen Ashikaga Motouji (足利基氏) und Hatakeyama Kunikiyo (畠山国清) wurde der Shuzen-ji im Jahre 1361 beschädigt und 1409 wurde das Tempelgebäude durch ein verheerendes Feuer zerstört. 
Danach wurde der Shuzen-ji von Ise Moritoki (伊勢盛時 bzw. auch Hôjô Sôun (北条 早雲 ) genannt) wieder als Tempel der Rinzai-Schule aufgebaut, um 1863 wieder erneut komplett abzubrennen. 
Das Tempelgebäude des Shuzen-jis, wie man es heute besuchen kann, wurde im Jahre 1883 errichtet und 2007 wurde ein Fest zum 1200-jährigen Jubiläum abgehalten.

Momoko heißt die Katze, die die
fein gearbeiteten Schilder aus Bambus bewacht
 
 Akagaeru-kôen (赤蛙公園)
Der "Park des roten Frosches", wie der Name Akagaeru-kôen übersetzt lauten würde, befindet sich direkt am Katsura-Fluss, in der Nähe des Tempels Shuzen-ji, des Tokko no Yu und des Grabes von Minamoto no Yoriie. Es ist ein kleiner, sehr, sehr schöner und - zu meinem großen Gefallen - kaum besuchter Park im Herzen der Onsenregion Shuzen-ji. 

Ein ruhiger und stiller Akagaeru-kôen im Abendlicht...
Der Park wurde nach einer Kurzgeschichte des japanischen Schriftstellers Shimaki Kensaku (島木健作, 1903-1945) benannt. Kurz vor seinem Tode machte Shimaki einen Kuraufenthalt in Shuzen-ji. Bereits seit langem litt der Schriftsteller an Tuberkulose (wohl die häufigste Todesursache unter Schriftstellern in den 20ern und 30ern des vorherigen Jahrhunderts) und suchte Erholung in den Bergen Izus. 
Anstatt Erholung und Ruhe zu finden, fühlte er sich jedoch alles andere als Wohl in Shuzen-ji, da er feststellte, dass er aufgrund seiner Erkrankung und als Alleinreisender als Gast zweiter Klasse unfreundlich behandelt wurde, nur ein kaltes, dunkles Zimmer und schlechtes Essen bekam. Alles störte ihn, deswegen rollte er die meiste Zeit nur in seinem Zimmer hin und her, doch eines Tages wagte er doch einen Spaziergang zum Katsura-Fluss und was er dort beobachtete, hielt er in seiner Kurzgeschichte Akagaeru (赤蛙), die erst nach seinem Tod 1946 veröffentlicht wurde, fest. 

Der Katsura-Fluss direkt
neben dem Akagaeru-kôen
Shimaki beobachtete den sinnlosen und sturen Versuches eines roten Frosches, den Katsura-Fluss an der Stelle seiner heftigsten Strömung zu durchschwimmen. Der Frosch scheitert und ertrinkt schlussendlich. Der Akagaeru-kôen wurde in Gedenken an den Schrifsteller an jener Stelle errichtet, an der Shimaki den Frosch beobachtet haben soll.

Mini-Fluss durchquert den Akagaeru-kôen
Shimakis kurze Geschichte über den Tod eines sturen Frosches kann wohl auf verschiedene Weise interpretiert werden - einerseits in Bezug auf seinen (Shimakis) aussichtslosen Kampf mit der Krankheit Tuberkulose, andererseits in Bezug auf seine politischen Ideen und seine Abkehr vom Marxismus (Stichwort rot?!). Shimaki Kensaku verstarb zwei Tage nach der Kriegsniederlage Japans mit nur 41 Jahren, hinterlässt aber denoch ein beträchtliches Ausmaß an Werken. Leider werden seine Werke heutzutage nur noch kaum gelesen...
Im Moment schreibe ich einen Review für Wandering Books über Akagaeru, da mich die Geschichte sehr bewegt hat. Sobald ich damit fertig bin, habe ich vor den Review auf Deutsch zu übersetzen und in hier in das Blog zu stellen.

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